Von Bärbel Hommel
Moin, mitnanner!
Das heißt übersetzt: „Hallo, zusammen!“ Tja, ich kann schon ostfriesisch!
In den letzten Wochen habe ich eine Menge gelernt. Puh, das war ziemlich anstrengend, aber auch aufregend. Mein Frauchen hat gemeint, ich sollte so viele Sachen wie möglich kennenlernen. Alles, was für mein späteres Leben wichtig ist! Und nebenbei sollten wir beide (also Frauchen und ich) uns noch ganz intensiv kennenlernen. Sie nannte das ganz kühl „Bindungsaufbau“. Ich hingegen sage dazu: „ich habe sie lieben gelernt“. Hört sich ja auch viel schöner an!
Angeblich lernen kleine Hunde wie ich bis ca. zur 16. Lebenswoche ganz besonders gut. Muss man mich deswegen aber auf einen lauten, stinkenden Bahnhof mitschleifen? Ich habe nie die Absicht, mit dem Zug zu fahren. Ich weiß ja nicht mal, wo man eine Fahrkarte herbekommt. Aber Frauchen meint wieder, man weiß nie, wie das Leben mit einem spielt. Vielleicht muss ich doch mal eine große Reise mit dem Zug machen – irgendwann später.
Zum Glück ist Tante Kimi mitgekommen und hat mir gezeigt, dass es überhaupt nicht schlimm ist, auf einem Bahnsteig zu sitzen und die vorbeifahrenden Züge zu beobachten. Ich hab einen kleinen Augenblick überlegt, ob ich mich dort fürchten sollte, aber ein Blick auf Tante Kimi hat mich beruhigt. Sie ist schon ein richtiger Profi als Therapiebegleithund und erklärt mir immer alles ganz lieb und ruhig. Ich bin froh, dass sie fast immer dabei ist, wenn ich etwas Neues kennenlernen soll.
Ich habe auch schon Frauchens Arbeit kennengelernt, das Altenheim. O Mann, da waren vielleicht viele Menschen! Aber die meisten von ihnen saßen in solchen Stühlen oder schoben die vor sich her. Frauchen meinte, dass nennt man Rollstuhl und Rollator.
Komisch, mit was sich Menschen manchmal so fortbewegen.
Schlimm fand ich das nicht, denn alle Menschen damit waren total lieb zu mir. Sie haben mein Bäuchi gekrault oder es gab meine Lieblingsleckerli. Ich fand diese Menschen so lieb, ich hätte sie am liebsten immerzu abgeschleckt. Ich mach das immer so, wenn ich jemanden liebhabe. Auf jeden Fall gehe ich dort wieder hin, das steht fest!!!
Bei der Gelegenheit führte mich Frauchen auch gleich an eine graue Kiste, welche sich an der Wand im Heim befand. Sehr spannend war das! Da war eine Tür dran, die immer wieder auf und zu ging. Das habe ich mir ganz genau und in Ruhe angesehen. Eine Kollegin von Frauchen kam dann vorbei und fragte, ob ich einen Fahrstuhl kennenlernen sollte. Schon wieder so ein Stuhl! Sie wollte mich dann gleich mitnehmen in dieser Kiste. Oh ja, das hab ich mir nicht zweimal sagen lassen – und schon ging die Reise los. Hui, das hat mir gefallen. Vor allem aber auch, weil es da drinnen Leckerli regnete. Ich fand das total spannend und deswegen hat mich der große Rollstuhl an meiner Seite überhaupt nicht gestört. Es gab schließlich wichtigere Dinge in dieser Kiste: Leckerlis! Obwohl, wenn ich ehrlich bin… so viele waren es nun auch wieder nicht. Es hätten ruhig mehr sein können.
Nach diesen ganzen neuen Eindrücken hatte ich mir doch endlich mal Urlaub verdient, oder wie seht ihr das?
Ich durfte tatsächlich mit meinem Herrchen und Frauchen ganz alleine ohne den Rest meiner Truppe in den Urlaub fahren. Nur ein paar Tage – aber immerhin. Was war ich stolz! Aber nix da, es kam wieder ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Kann mir mal einer sagen, warum mein Frauchen ständig darauf bedacht ist, dass ich noch mehr lernen soll? Das kann ich doch später immer noch! Aber nein, diese imaginäre 16. Lebenswoche geisterte ständig in Frauchens Kopf umher.
Kaum am ersten Urlaubsziel angekommen, musste ich wieder in ein Heim, zu Frauchens Verwandtschaft. Diesmal, und das fand ich ganz nett, durfte ich sogar in einem Rollstuhl mitfahren. Ganz lieb hat Frauchens Mama auf mich aufgepasst und mich festgehalten, damit ich nicht runterfalle. Das hat Spaß gemacht! Ich wäre fast eingeschlafen da drauf, so wohl habe ich mich gefühlt.
Danach haben meine Menschen mir gezeigt, was eine Stadt ist. Hier sollte ich kennenlernen, wie es ist, wenn viele Menschen an mir vorbeilaufen und Autos vorbeifahren.
Ein Krach war das dort, unglaublich. Aber schlimm war es nicht. Nur einen kurzen Moment waren wir dort und dann ging es wieder auf eine Wiese zum Spielen. Und danach war ich wirklich todmüde. Obwohl Frauchen mich immer getragen hat, wenn ich nicht mehr laufen wollte – so ein Stadtleben kann schon ziemlich anstrengend sein. Deswegen werde ich immer in Ostfriesland leben!
Dann kam der nächste Verwandtschaftsbesuch. Na, die waren erstmal nett zu mir, besonders die kleinen Menschen. Die haben sogar ihren Rollstuhl (oder wie dieser Stuhl wieder hieß) für mich frei gemacht. Frauchen meinte gleich wieder: „Jetzt kann Keks gleich mal eine andere Beförderungsart kennen lernen!“ Oh, wie ich sie liebe!!
EUER KEKS